Mit Ghost Recon Breakpoint brachte Ubisoft den neuesten Ableger der eigentlich beliebten Shooter-Reihe für die PlayStation 4, Xbox One und dem PC heraus. Auch dieses Mal sollte der Titel gameplaytechnisch an seine Vorreiter anknüpfen und dieses sogar noch durch Aspekte eines Loot-Shooters erweitern, um Spieler mit dem daraus resultierenden Live-Service länger an den Bildschirm zu fesseln.
Und tatsächlich klang beziehungsweise klingt das Angekündigte auf dem Portfolio recht vielversprechend: Ansprechende Aufträge bei welchem man zum Vorankommen den Einsatz nützliche Hilfsmittel nutzt, eine Open-World die von Haupt- und Nebenmissionen nur so strotzt und dazu noch ein spannender Multiplayer, wie man es von der Reihe gewohnt ist. Ein interessantes Loot-System und Mikrotransaktionen sollten das Spiel zusätzlich aufwerten. Warum aber gerade der letzte Aspekt dem Shooter sinnbildlich einen Schuss ins eigene Bein verpasst und welche Rolle der Schauspieler Jon Bernthal – bekannt aus The Walking Dead oder Punisher – dabei spielt, verraten wir euch in unserem Test!
Ghost Recon Breakpoint: Der Punisher als gelungener Gegenspieler
Es scheint in Videospielen längst keine Seltenheit mehr zu sein, dass man sich zur Verkörperung verschiedener Figuren namhafte Schauspieler oder anderweitige Akteure ins Boot holt. Egal ob Vollzeit-Antagonist Kevin Spacey und König des Nordens Kit Harrington für die Call of Duty-Reihe oder ein Keanu Reeves für den in einer weiten Zukunft spielenden, sowie bald erscheinendem Blockbuster Cyberpunk 2077.
Bei Breakpoint hat man sich mit Jon Bernthal ebenfalls einen wahren Hochkaräter der Schauspielkunst gesichert. Dieser schlüpft in dem Taktik-Shooter in die Rolle eures Gegenspielers Cole D. Walker. Cole D. Walker war ein ehemaliger Ghost, welcher sich aufgrund seiner eigenen Prämisse auf die fiktive Insel Aurora abgekapselt hatte und mit den Wolves, seine eigene zusammengestellte Gruppierung an Schergen, die persönlichen Ziele und Ideale verfolgt. Außerdem ist er das oberste Tier von Skell Tech, einem Konzern der sich auf Hochtechnologie konzentriert. Cole will jene Firma für sich nutzen und die Welt mit computergesteuerten Drohnen befallen und „unterwerfen“.
Ghost Recon Breakpoint: Wie aus der Feder von Michael Bay
Dabei hat er die Rechnung natürlich nicht mit euch (doch hat er) gemacht. Ihr findet euch in der Haut des Ghosts „Nomad“ wieder und macht euch im Rahmen einer Aufklärungsmission in Bezug auf einen verschwundenen Frachter zusammen mit einem Trupp auf den Weg zu besagter Insel. Dazu kommt es allerdings nicht, denn der Helikopter wird kurzerhand durch einen Drohnenschwarm vom Himmel geholt. Infolgedessen übernehmen ihr zum ersten Mal die Kontrolle des Helden, verarztet seine Wunden und versucht auf dem Pfad befindlichen Wolves vorerst aus dem Weg zu gehen.
Die Story entpuppt sich dabei wie ein „guter“ Michael Bay Film. Kurzum überfordert die Handlung den Spieler nicht unbedingt mit verstrickten Plot-Twists und wirkt im Gesamtpaket betrachtet recht klischeehaft, gipfelt aber nicht weniger durch die großartige schauspielerische Leistung von Jon Bernthal in einem fulminant inszenierten Action-Spektakel. Es ist interessant zu sehen, wie Nomad versucht seinem alten Kollegen zu trotzen, welcher scheinbar nicht nur einmal den Ghosts aufgrund seiner Erfahrung einen Schritt voraus zu sein scheint. Gerade zu Beginn des Spiels schafft es Ghost Recon Breakpoint die erdrückende Atmosphäre eines schier ausweglosen Überlebenskampfes hervorragend zu vermitteln.
Der Moment in dem Ghost Recon Breakpoint Potenzial im Gameplay verschenkt
Was das Gameplay betrifft verschenkt Breakpoint deutlich Potenzial. Das beginnt mit einer fast schon dämlichen Gegner-KI, geht über eine leblose Welt und endet mit einem miserablen Gunplay. Fangen wir einmal mit der KI unserer Feinde an. In den meisten – recht repetitiven – Missionen sollt ihr von A nach B fliegen, einen Stützpunkt mit der Hilfe eurer Drohne auskundschaften und wenn möglich besagte Basis leise, wie auch effektiv infiltrieren.
Solltet ihr doch mal entdeckt werden, ist das aber gar nicht so schlimm, denn eure Gegner sind so strunzdumm, dass sie sich quasi mit Freuden in einer Reihe aufstellen und darauf warten von euch erschossen zu werden. Dank des schlechten Gunplays ist das auch absolut kein Problem. Ein Rückstoß ist beim Großteil der Waffen kaum gegeben, sodass ihr mit einem wuchtigen Sturmgewehr punktgenaue Salven in die Köpfe eurer Widersacher jagt. Das ist alles ein wenig schade, denn Breakpoint hat durchaus gute Ansätze, wie zum Beispiel zahlreiche Gadgets die ihr nutzen könntet… aber einfach nicht notwendig sind.
Abschließend wird noch Potenzial in der Open-World verschenkt. Diese ist zwar nochmal größer, als es im Vorgänger der Fall war und bietet tolle Panoramen, wie auch Landschaften, wirkt aber alles in allem recht leblos. Es gibt eigentlich in eurem Feldzug nichts zu entdecken, was euch aus den Socken haut oder gar das Gefühl überträgt, dass hier möglicherweise eine lebendige mehr oder weniger funktionierende Zivilisation lebt.
Ghost Recon Breakpoint: Die Fassade bröckelt
Leider fängt die Fassade des auf sich allein gestellten Überlebenskampfes spätestens ab dem Zeitpunkt, wo wir in unserem „Ausweich“-Hauptquartier angekommen sind, recht schnell an zu bröckeln. Nomad findet nach seinem Absturz Zuflucht bei den Erewhon, einer der Fraktionen von Aurora und erste Anlaufstelle für euch als Spieler, um Aufträge zu erhalten. Kaum angekommen erschleichen sich aber auch schon die ersten Zweifel bezüglich der bis hierhin eigentlich recht stimmigen Inszenierung des ausweglosen Kampfes gegen die Übermacht der Wolves. Warum schickt man uns auf eine Aufklärungsmission, wenn da schon gefühlt 35000 andere Ghosts in Form von Spielern vor dem schwarzen Brett stehen und Auftrag um Auftrag abarbeiten?
Der Ansatz des Community-Hubs ist zwar aus spielerischer Sicht nett, lastet aber deutlich auf den Schultern der Atmosphäre. Schade um die eigentlich interessante Story! Eine andere Art und Weise die Community miteinander zu verbinden, wäre möglicherweise die bessere Option gewesen. Wenn jetzt noch einer der anwesenden Spieler da steht und einen Hampelmann fabriziert, hätte ich mich hier schon fast in einer Art Division 2 2.0 gefühlt und musste zunehmend feststellen, dass dieser Gedanke im weiteren Spielverlauf nur noch weiter bekräftigt wurde.
Schon wieder ein Loot-Shooter…
Grund dafür ist eigentlich das gesamte Gameplay von Ghost Recon Breakpoint. Ich muss dazu sagen, dass ich in meiner Vergangenheit, als ich noch jung, frisch und weniger verbraucht war, diverse Stunden in den einen oder anderen Serienteil gesteckt habe. Das taktische Gameplay garniert mit einer spannenden in sich abschließenden Handlung und einem dazu noch äußerst gelungenen Multiplayer, den man auch noch hervorragend im kompetitiven Bereich spielen konnte, hat mich im Hinblick auf Breakpoint hoffen lassen.
Demnach bin ich recht unvoreingenommen von den Negativpunkten anderer Kritiker in das Spiel gestartet und habe mir dann doch recht schnell die Frage gestellt: „Schon wieder ein Loot-Shooter?“ Ist es wirklich notwendig neben einem Borderlands 3, einem Destiny 2 oder sogar dem hauseigenen The Division 2 einen weiteren Loot-Shooter auf den Markt zu werfen? Wenn ich einen Loot-Shooter mit dem Gameplay eines Deckungs-Shooters spielen will, dann kann ich doch direkt zu Division greifen. Also warum zum Teufel hat man das einst von mir so gefeierte Ghost Recon, wie ich es kannte, in einen weiteren Loot-Shooter verwandelt?
Die Antwort auf diese Frage bekam ich recht schnell, denn im Falle von Breakpoint läuft es dann doch etwas anders ab, als zuerst von mir angenommen. Ja, es gibt Loot, jedoch braucht man diesen eigentlich nicht. Einzig Drohnen die sich euch entgegen stellen verlangen stärkere Schießeisen und bessere Ausrüstung. Bei jedem weiteren menschlicheren Feind ist es hingegen vollkommen egal mit was ihr auf ihn schießt. Kopfschuss bleibt Kopfschuss und tötet in dem Fall vollkommen unabhängig zur Gegenstandsstufe eurer Waffe. Es fällt also auf, dass Ubisoft selber scheinbar nicht so richtig wusste, was sie aus Ghost Recon Breakpoint machen wollten, sodass man besagte mechanische Widersacher eingebaut hat, um den Loot zumindest in geringster Art und Weise irgendwie rechtfertigen zu können.
Schicker Hut… den muss ich auch haben!
Mikrotransaktionen dürfen natürlich ebenso nicht fehlen. Im Großen und Ganzen fallen diese bis auf einiger Ausnahmen wie EXP-Booster oder Waffenpläne aber Gott sei Dank nur kosmetisch aus, sodass man im Ansatz die Kritik anderer Kollegen zwar irgendwie verstehen kann, aber das Fass auch nicht zu weit aufgemacht werden muss. Per se ist Ghost Recon Breakpoint nicht das erste Spiel, welches euch die Möglichkeit gibt einen Hut oder andere Accessoires zu kaufen. Die Waffenpläne sind vielleicht zu Beginn ein kleines Pay2Win-Argument, dennoch ist nicht von der Hand zu weisen, dass ihr ohnehin mit zunehmenden Spielfortschritt mit unzähligen und teils unnützen Schießeisen zugeschüttet werdet. Über den EXP-Booster erhaltene Skillpunkte lassen sich im PVP-Multiplayer übrigens nicht verwenden, wodurch das auch alles gar nicht so tragisch ist, wie es stellenweise dargestellt wird.
Ghost Recon Breakpoint im Multiplayer: Packt den Campingstuhl aus
Wie bereits kurz angeschnitten beinhaltet Ghost Recon Breakpoint einen PVP-Multiplayer, bei dem ihr zwar euren alter Ego aus der Kampagne spielt, die freigeschalteten Fähigkeiten aber erfreulicherweise nicht aktivierbar sind und jede Vorteil der Ausrüstung soweit vom Spiel angepasst werden, dass eine entsprechende Chancengleichheit für jeden Spieler vorhanden ist.
Des Weiteren fällt der Ghost-War-Modus, so heißt der 4-gegen-4-PVP-Multiplayer bei Breakpoint, erfahrungsgemäß recht camperlastig aus. Das ist nicht unbedingt dem Spiel geschuldet, manchmal haben wir uns aber schon gefragt, ob wir dem Typen, der seit gefühlten 20 Minuten mit seinem Scharfschützengewehr in seiner Stellung liegt, vielleicht noch einen Campinggrill an sein Zelt stellen dürfen. Man muss hier allerdings Ubisoft und Ghost Recon Breakpoint zugutehalten, dass man sich zumindest Gedanken gemacht hat. Demnach wird das Spielfeld mit zunehmender Spieldauer immer kleiner, sodass man versucht besagte Camper ein wenig aus ihren Verstecken zu locken.
Hübsche Präsentation mit Online-Zwang und Bugs
Technisch präsentiert sich der Taktik-Shooter recht zwiegespalten. Zum einen haben wir wundervolle Panoramen, krachende Waffensounds und eine recht flüssige Bildrate. Demgegenüber schleichen sich allerdings immer wieder unangenehme Bugs und Glitches in das Spiel ein, die nicht nur besonders nervig sind, sondern stellenweise auch das Weiterkommen deutlich behindern. Auch die Mimik der Charaktere und die gesamte Spielwelt wirken etwas ausdrucks- beziehungsweise leblos. Von der schlechten KI wollen wir dabei gar nicht erst nochmal anfangen zu reden. Ganz offensichtlich hat man sich hier an dem anmaßenden Sprichwort „Brot kann schimmeln, was kannst…“ orientiert. Ach ja, das Spiel ist übrigens nur online spielbar, wer also denkt, dass er die Kampagne zumindest auch offline durchspielen könnte, hat weit gefehlt.
Fazit:
Was bleibt uns also zu Ghost Recon Breakpoint noch zu sagen? Der Titel hätte ein guter Nachfolger der Serie sein können, lässt aber einiges an Potenzial liegen. Klar, die Handlung ist für einen Shooter schon in Ordnung und auch Jon Bernthal macht als Starbesetzung eine gute Figur. Des Weiteren bietet das Spiel eine ganz ansehnliche Open-World und punktet mit einer Vielzahl von Waffen und Gadgets…
… Welche aber leider nicht richtig genutzt werden. Viel zu oft können wir uns aufgrund der dämlichen KI und dem seltsamen Gunplay einfach darauf verlassen alles stumpf über den Haufen zu ballern. Das Lootsystem ist ebenfalls nicht wirklich durchdacht, sodass sich stets der Eindruck erweckt, dass man bei der Entwicklung irgendwann den roten Faden des Spiels verloren hat. Ebenfalls schlecht zu Gesicht stehen dem Spiel die ausdruckslosen Charaktere, die leblose, wenngleich auch ansehnliche Welt und die zahlreichen Bugs. Vom Online-Zwang ganz zu schweigen.
Es wirkt fast so, als wenn sich Ubisoft auf den Erfolg der Vorgänger und der bekannten „Ubi-Formel“ ein wenig zu sehr ausgeruht haben, sodass es in diesem Fall leider nur für eine mittelmäßige Wertung gereicht hat.