Wenn ihr von einem Tier oder einem Menschen gebissen werdet und eine offene Wunde habt, dann sucht ihr einen Arzt auf. Doch was macht ihr, wenn sich dieser Arzt als bluthungriger Vampir entpuppt? Genau diesen Beruf über der Hauptcharakter in dem düsteren Action-Adventure Vampyr aus dem Hause Dontnod Entertainment aus. Wie sich die Blutjagd anfühlt, verraten wir euch anhand unseres Reviews!
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Wie in der Einleitung schon beschrieben übernehmt ihr das Spielgeschehen aus der Sicht des Dr. Jonathan Reid. Aufgrund eines ungeklärten Vorfalles wurde dieser zu einem blutrünstigen Vampir. Noch während er vom Blutdurst benebelt ist, kommt eines zum anderen, sodass sich seine geliebte Schwester seinem „Hunger“ unterliegt. Geplagt von Trauer und Schuldgefühlen, schwört der Doc Rache und will wissen, wem ihm dieses ungewollte Schicksal zu verdanken hat. Genau ab diesem Punkt beginnt eine atmosphärische Handlung mit vielen Wendungen und einem hohen Maß an Entscheidungsfreiheit.
Das düstere London wurde hervorragend umgesetzt und bietet zu keiner Zeit Platz für glitzernde Twilight-Vampire!
Vampyr schafft es, das düstere Leben eines Vampirs zu jeder Zeit bemerkenswert umzusetzen. Wer bei dem Titel also eine romantische Liebesgeschichte erwartet, der dürfte bitter enttäuscht werden. Ganz im Gegenteil: Ihr streift mit dem Doktor durch die dunklen Straßenschluchten und Gassen von London, nehmt es mit diversen Vampirjägern oder bösartigen Gleichgesinnten auf und führt das ein oder andere Gespräch mit einem der Passanten. Dabei entpuppt sich vor allem die letzte Aktivität als Herzstück des Titels.
Vampyr: Eure Entscheidungen bestimmen den Schwierigkeitsgrad
Schon im Ladebildschirm bekommt ihr mit etwas Glück den Hinweis, dass eure Entscheidungen dafür verantwortlich sind, wie schwer das Spiel sein wird. Wenn ihr nämlich ins Gespräch mit einem der Zivilisten kommt, habt ihr die Wahl, ob ihr diese Person am Leben lasst oder versucht in eine dunkle Gasse zu locken um ihnen das Blut aus dem Körper zu saugen. Ihr müsst allerdings bedenken, dass jede eurer Entscheidungen fix ist, sobald ihr sie getätigt habt.
Vampyr kommt ganz bewusst mit nur einem Autosave-Slot aus: Ihr habt eine Entscheidung getroffen? Dann lebt damit!
Doch nicht jeder Gesprächspartner lässt sich direkt in eine dunkle Ecke bezirzen um als Festmahl zu dienen. Zu einigen von ihnen müsst ihr je nach Person mehr oder weniger vertrauenswürdig gesinnt sein. Damit ihr dieses Vertrauen aufbauen könnt, stehen euch während der vertonten Dialoge diverse Auswahlmöglichkeiten zur Verfügung, wobei sich nicht alle Dialogoptionen beim erstmaligen Gespräch auswählen lassen. Um diese schließlich freizuschalten, müsst ihr mit anderen Menschen sprechen oder versteckte Schriftstücke finden.
Zugegeben: Man kann schon alleine Stunden damit verbringen, um die Dialoge der einzelnen Leute freizuschalten. Per Knopfdruck lässt sich eine Übersicht öffnen, wodurch ihr ein Überblick über die jeweils freigeschalteten Beziehungen bekommt. Habt ihr euch diese Zeit schließlich genommen, werdet ihr damit belohnt, dass sich der Blutwert eures potenziellen „Snacks“ erhöht und ihr folglich mehr Blut erhaltet. In Vampyr ersetzt die rote Flüssigkeit nicht nur die Erfahrungspunkte aus anderen Genrevertretern, sondern ist auch für den Kampf essenziell wichtig (dazu später mehr).
Warum entscheiden eure Handlungen jetzt den Schwierigkeitsgrad? Ganz einfach: Lasst ihr Gesprächspartner am Leben, gehen euch Unmengen an Erfahrungspunkte flöten, wohingegen das Töten dafür sorgt, dass ihr immer mächtiger werdet.
Oh du trautes Heim
Auf eurem Weg durch London werdet ihr immer wieder den einen oder anderen Unterschlupf finden. Innerhalb eurer neuen Behausung lassen sich neben simplen Crafting-Möglichkeiten auch die besagten „Erfahrungspunkte“ verwerten. Kurzum: Legt ihr euch schlafen, könnt ihr die Blutpunkte dafür verwenden um neue Fähigkeiten zu erlernen oder bereits vorhandene Eigenschaften aufzuwerten. So ist es euch zum Beispiel gestattet, euch einen mächtigen Klauenangriff oder ein Blutschild anzueignen.
Zudem gefällt euch das Sonnenlicht als übergroße Fledermaus natürlich überhaupt nicht. Obgleich der Titel ohne realistischen Tag-/Nacht-Wechsel auskommt, werdet ihr immer wieder gezwungen, euer trautes Heim aufzusuchen und den Tag abzuwarten.
Wie schon gesagt eignet sich euer Zuhause auch für das Herstellen und Aufwerten verschiedener Gegenstände. Darunter fallen beispielsweise Heil- und Bluttränke, wie auch unterschiedliche Waffen. Leider fällt die Waffenauswahl insgesamt etwas zu mager aus.
Glaubhafte Charaktere
Gegenüber der überschaubaren Waffen entpuppen sich die glaubhaften Charaktere mit ihren nachvollziehbaren und echten Schicksalen als weitere große Stärke von Vampyr. Hierbei merkt man einfach, dass hinter dem Titel derselbe Entwickler steckt, der auch für Life is Strange verantwortlich war. Die einzelnen Figuren und auch Dr. Reid sind zu jeder Zeit glaubhaft in Szene gesetzt und haben alle mit ihrem eigenen Päckchen leben gelernt.
Es lohnt sich den Gesprächen in der Umgebung Gehör zu schenken.
Schon relativ früh im Spiel werdet ihr mit eurem Protagonisten in einem Krankenhaus ankommen und den Facettenreichtum der einzelnen Gesprächspartner erleben. So gibt es zum Beispiel ein homosexuelles Pärchen, welches in ständiger Angst der Verfolgung lebt. Oder aber ein farbiger Krankenwagenfahrer und eine Krankenschwester, welche sich ineinander verliebt haben, obwohl sie unterschiedliche Hautfarben haben. Wie man merkt, versteckt sich das düstere Action-Adventure nicht vor solchen Themen, sondern geht offen mit ihnen um und hält die eine oder andere innovative Nebenquest für euch bereit. Zudem verfügt eure Spielfigur über einen Vampirsinn, welcher euch per Knopfdruck wichtige Hinweise aufzeigt.
Von Pflock bis Blutspeer
Beim Folgen der Haupthandlung, abschließen einer Nebenquest oder einfach beim Spazieren durch das atmosphärische London werdet ihr immer wieder auf verschiedene Widersacher und sogar gut gekennzeichnete Bossgegner treffen. Als Vampir seid ihr natürlich nicht schutzlos, sondern wisst euch mit Waffen und imposanten Vampir-Fähigkeiten zu wehren.
Bei den herausfordernden Bosskämpfen gilt es das Angriffsmuster zu durchschauen.
Dabei erinnert das Kampfsystem an eine vereinfachte Form der Arkham-Reihe von Batman, hält aber dennoch ein paar innovative Neuerungen parat. Demzufolge stehen euch neben den tödlichen Waffen, auch noch „betäubende“ Hilfsmittel wie beispielsweise ein Pflock oder ein Revolver zur Verfügung.
Neben ihrer Lebensleiste, besitzen die Gegner auch noch eine weitere Anzeige, welche mit einem Treffer besagter Objekte abnimmt. Ist diese Leiste aufgebraucht, lässt sich euer Opfer mit einem Knopfdruck beißen und aussaugen. Außerdem sind die einzelnen Gegnertypen unterschiedlich anfällig gegenüber der verschiedenen Waffentypen. Das gewonnene Blut nutzt ihr während des Kampfes für die erlernten Vampir-Fähigkeiten. Als Folge dessen nutzt ihr die rote Ressource unter anderem zur Heilung oder erschafft mächtige Blutspeere, um dem Gegner ordentlich Einhalt zu gebieten. Doch Vorsicht: Jeder Angriff zerrt an der Ausdauer des Doktors. Ist diese aufgebraucht, seid ihr relativ schutzlos. Blocken ist übrigens nicht möglich, kontern und blitzschnelles ausweichen hingegen schon. Alternativ lassen sich eure Feinde mit Schleichangriffen von hinten ebenfalls massiv schwächen.
Es ist nicht alles Gold was glänzt
Eines Vorweg: Dem düsteren London wurde auf eine beeindruckende Art und Weise Leben eingehaucht. Die Kulisse fügt sich stimmig in das Spielgeschehen ein. Immer wieder werdet ihr zerrissene Plakate an den Wänden sehen oder den Ratten nachjagen, um euren Blutvorrat für einen schweren Kampf aufzustocken. Auch die Tatsache, dass sich das ganze Geschehen hauptsächlich Nachts abspielt, sowie der dazu ertönende Soundtrack tragen enorm zu der Atmosphäre bei.
Einziger Wermutstropfen, welchen sich Vampyr gefallen lassen muss: Innerhalb dieser überragend gestalteten Spielwelt, werdet ihr immer wieder auf verwaschene Texturen, wie auch die hölzerne Mimik der einzelnen Charaktere treffen.
Fazit:
Vampyr ist ein Action-Adventure, welches die Ehre jeglicher glitzernder Vampir und Twilight-Liebesgeschichten rettet. Das düstere London entpuppt sich neben der Entscheidungsfreiheit und der immens vielen, wie auch intensiven Dialoge als wahres Herzstück des Spiels.
Ein zugängliches Kampfsystem, gepaart mit einer abwechslungsreichen Handlung lassen über die kleinen technischen Makel hinwegsehen und machen das Vampir-Abenteuer aus dem Hause Dontnod zu einem Geheimtipp unsererseits, welchen Vampir-Fans unbedingt auf dem Schirm haben sollten. Doch auch alle anderen Genrefans sollten bedenkenlos mal einen Blick riskieren!
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