In 2016 startete Entwickler Area 35 eine Kickstarter-Kampagne für ein neues Rundenstrategiespiel, das sich ein klares Vorbild gesetzt hatte: Das legendäre Advance Wars von Intelligent Systems. Obwohl die Kampagne ihr Ziel verfehlte, erschien Tiny Metal im Dezember 2017 für PC, PlayStation 4 und Nintendo Switch und mauserte sich zu einem Überraschungshit. Mit dem frisch erschienenen Nachfolger Tiny Metal Full Metal Rumble wollen die Entwickler den gelungenen Erstling überflügeln. Ob das gelingt, klärt unser Test.
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Mehr InformationenTiny Metal Full Metal Rumble mit schwerem Stand
Bereits der Vorgänger auf Nintendos Hybridkonsole fing den Charme der Vorlage gekonnt ein und verknüpfte die bekannte Rundenstrategie mit einer ansehnlichen Pixel-Optik und einem gelungenen Spielprinzip.
Jetzt schickt sich also der Nachfolger mit dem klangvollen Namen Tiny Metal Full Metal Rumble an, den Erstling in seine Schranken zu weisen. Ich muss gestehen, ich war kein allzu großer Fan des Vorgängers. Viele der Spielmechaniken kratzten für mich nur an der komplexen Oberfläche des Genres, während die KI nahezu keine Gegenwehr leistete. Nett für zwischen durch, aber zu simpel um lange zu motivieren.
Besonders, da Entwickler Chucklefish mit dem hervorragenden Wargroove zu Beginn des Jahres einen erstklassigen Konkurrenten an den Start gebracht hat, fiel meine Erwartung an Tiny Metal Full Metal Rumble äußerst gering aus.
Erfreulicherweise gelingt es Tiny Metal Full Metal Rumble aber hervorragend, diese Erwartungshaltung in allen Belangen zu übertreffen. Das Rundentaktik-Spiel präsentiert sich als deutlich komplexere und klügere Fortsetzung.
Tiny Metal, great battle: Viel Welt fürs das Geld
Gerade einmal knapp 15 Euro kostet der Download des Indie-Spiels auf PC und Nintendo Switch. Ein Preis, den das Spiel mit einem riesigen Umfang mehr als rechtfertigt. Kernstück des Titels ist natürlich der Kampagnen-Modus, in dem wir an insgesamt 39 Schlachten teilnehmen.
Diese sind mit einer zugegebenermaßen äußerst wirren Handlung miteinander verknüpft und liefern uns in Storyfetzen weitere Details über die Spielwelt und deren Bewohner. Warum wir Commander Wolfram, Ragnar und die anderen Charaktere in den Krieg schicken wissen wir selbst nach Absolvieren der Kampagne nicht so ganz. Selbst die deutschen Texte lassen den tieferen Sinn der Handlung lediglich erahnen. Letztlich ist das aber auch egal, denn aus spielerischer Sicht macht Tiny Metal Full Metal Rumble verdammt viel richtig.
Doch zurück zum Umfang. Neben der Kampagne wartet der Titel mit einem Skirmish-Modus auf, in dem wir auf insgesamt 77 Karten in die Schlacht ziehen, die sich in ihrer Größe, dem Terrain und Schwierigkeitsgrad stark voneinander unterscheiden. Leichte Schlachten ermöglichen Genreneulingen den Einstieg in die komplexen Spielmechaniken, während uns vor allem die schwierigen Kämpfe dank runderneuerter KI alles abverlangen.
Außerdem spendieren die Entwickler dem Spiel einen kompetitiven Multiplayermodus, in dem online zwei Generäle mit ihren Armeen gegeneinander antreten dürfen. Der Umfang von Tiny Metal Full Metal Rumble lässt sich nur schwer beziffern und hängt auch von unserem spielerischen Geschick ab, alleine 10-20 Stunden hält uns die Kampagne aber problemlos bei Laune.
Advanced Wars lässt grüßen
Spielerisch lässt Tiny Metal Full Metal Rumble wohlige Erinnerungen an den Klassiker Advance Wars aufkommen, die das Rundenstrategiespiel mit einigen gelungenen frischen Ideen kombiniert. Prinzipiell funktioniert alles genau so, wie wir es von ähnlichen Genrevertretern gewohnt sind.
Wir verschieben unsere Einheiten auf einer Karte, um die Missionsziele abzuschließen. Dass diese meist darin bestehen, den KI-Gegner auszuschalten oder seine Basis in Schutt und Asche zu legen ist allerdings etwas schade. Mehr Abwechslung im Missionsdesign hätte dem Spiel gut zu Gesicht gestanden. Auch etwas mehr Variantenreichtum in den Umgebungen wäre wünschenswert gewesen, meist unterscheiden sich diese nur minimal voneinander.
Nach dem Schere-Stein-Papier-Prinzip wissen wir ziemlich schnell, wer in den Gefechten die Hosen an hat. Infanteristen sind stark gegen Fußsoldaten, Grenadiere zerstören Fahrzeuge, Panzer sind gut gegen Gebäude. Allerdings sind nur unsere Fußsoldaten in der Lage, Wälder zu durchqueren und neutrale Gebäude einzunehmen. Für wen das alles jedoch zu komplex ist, haben die Entwickler dem Spiel die sogenannte „Metalpedia“ spendiert, in der ihr alles über Einheiten, Geländevor- und nachteile sowie Stärken und Schwächen nachlesen könnt.
Besonders gut hat uns gefallen, dass wir Feinde auch anvisieren können, ohne sie direkt zu attackieren. Nehmen wir unsere Gegner ins Visier und starten mit einer anderen Einheit den Angriff, nehmen wir die Kontrahenten ins Kreuzfeuer und greifen von allen Seiten gleichzeitig an. Ein nicht zu unterschätzender Vorteil, auf den allerdings auch die KI zurückgreifen kann.
Rohstoffe und Variablen
Doch das ist bei Weitem noch nicht alles, was wir in Tiny Metal Full Metal Rumble bedenken müssen. Beispielsweise verbrauchen Fahrzeuge Treibstoff wenn sie sich fortbewegen. Ist der Sprit alle, werden wir zum Verweilen an Ort und Stelle gezwungen bis die Mission vorbei ist oder wir mit unserem Versorgungsfahrzeug neues Benzin liefern.
Ähnlich verhält es sich mit der Munition unserer Truppe. Was könnte es blöderes geben, als plötzlich ohne blaue Bohnen vor dem Feind zu stehen? Besiegte Gegner oder eingenommene Gebäude lassen unsere Einheiten im Rang aufsteigen, was sie nicht nur effektiver macht sondern teilweise auch neue Fähigkeiten freischaltet. Tiny Metal Full Metal Rumble birgt also eine Menge Tiefgang für taktische Gefechte, den der Titel dann allerdings nicht vollends nutzen kann.
Warum können wir unsere mühsam aufgewerteten Truppen nicht in die nächste Mission übernehmen? Immer erwarten uns im Verlauf der Kampagne verschiedene Anführer, die allesamt mit ihren persönlichen Vorteilen in Form passiver Fähigkeiten aufwarten.
Das Problem mit der Technik
Während Tiny Metal Full Metal Rumble aus spielerischer Sicht also einiges richtig macht, liegt der Taktik-Titel aus technischer Sicht lediglich solides Mittelmaß. Sowohl Grafik als auch Vertonung schaffen es leider zu keinem Zeitpunkt, nennenswerte Akzente zu setzen.
Irgendwie ist das alles in sich stimmig, die Gefechte sind charmant inszeniert und die Anime-Charaktere passen zum Rest. Wirklich vom Hocker haut uns der Titel allerdings nicht. Texturen, Einheiten und Umgebungen lassen Details vermissen, die matschige Weltkarte wirkt gleichermaßen leb- wie lieblos.
Ähnlich verhält es sich mit dem Soundtrack aus der Feder von Tomoki Miyoshi, der bereits bei den RPGs I am Setsuna und Lost Sphear ein Händchen für stimmungsvolle Musik bewiesen hat. Was er hier beisteuert ist allerdings lediglich ordentliches Hintergrundgedudel, das nicht im Kopf bleibt.
Fazit:
Mit Tiny Metal Full Metal Rumble liefert Entwickler Area 35 ein gelungenes Rundenstrategiespiel ab, das dem durchaus spaßigen Vorgänger in allen Belangen überlegen ist. Vor allem Fans von Advance Wars erhalten ein motivierendes und spannendes Taktik-Spiel, dessen Umfang sich absolut sehen lassen kann.
Spielerisch geht der Titel genug in die Tiefe, um Genreneulinge und Profis gleichermaßen anzusprechen. Allerdings haben die Macher nicht alle Ideen bis zum Ende durchdacht und einige Spielmechaniken kratzen lediglich an der Oberfläche oder wirken nutzlos. Technisch wäre allerdings deutlich mehr drin gewesen.
Trotzdem hatte ich mit Tiny Metal Full Metal Rumble wirklich eine Menge Spaß, wenngleich das Spiel nicht an Konsolen-Genreschwergewichte wie Wargroove oder Into the Breach heranreicht. Wenn ihr mal wieder Lust auf eine Prise Runden-Taktik für den schmalen Geldbeutel habt und nicht zu hohe Ansprüche stellt, werdet ihr mit dem Spiel allerdings eine Menge Spaß haben.