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State of Mind im Test

In Zeiten der Open-World-Games und spielerischer Freiheit fühlt sich das Adventure State of Mind  der deutschen Entwickler von Daedalic fast schon altmodisch an. Dabei will das Spiel die erzählerischen Stärken, die die Entwickler mit vielen anderen Games bereits bewiesen haben, mit einem futuristischen Cyberpunk-Szenario im Stile von Deux Ex und Cyberpunk 2077 kombinieren. Ob das funktioniert, klärt unser Test zu State of Mind

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State of Mind > Cyberpunk meets deutsche Wertarbeit

State of Mind
State of Mind steht für den modernen Stil von Daedalic.

Nachdem klassische Adventure-Spiele jahrelang als ausgestorben galten und die deutschen Entwickler von Daedalic Entertainment gefühlt allein auf weiter Flur waren, ist es vor allem den Telltale Spielen zu verdanken, dass das Genre nun einen zweiten Frühling erlebt.

Doch im Vergleich zu den modernen Ablegern präsentiert sich das neue Werk State of Mind fast schon klassisch, was bei dem futuristischen Cyberpunk-Szenario gleich doppelt interessant ist. Spielerische Freiheiten treten in den Hintergrund. Stattdessen erwartet euch eine bodenständige Story, die mit stark geschriebenen Charakteren und viel Herz punkten will. Doch halt: Ganz so klassisch ist State of Mind dann auch wieder nicht. Das Adventure folgt dem moderneren Stil, welcher auch das geniale Silence bereits zu einem besonderen Erlebnis gemacht hat. 

State of Mind Rückt das klassische Adventure-Gameplay in den Hintergrund!

In State of Mind schlüpft ihr in die Haut des Journalisten Richard Nolan. Im Berlin des Jahres 2048 steht die Gesellschaft kurz vor einem Krieg. Die Menschen flüchten in die digitale Welt, um dem Horror der Realität zu entfliehen. Nolan will gerade sein Bewusstsein in die Cloud hochladen, um in der idyllischen Ortschaft City 5 ein glückliches Leben zu führen. Doch durch einen Unfall seid ihr fortan zwischen den beiden Welten gefangen. Große Erinnerungslücken klaffen in seinem Gedächtnis und die Menschen, die er kennt und liebt, verhalten sich äußerst merkwürdig. 

Nolan ist ein Miesepeter und Unsympath, wie er im Buche steht. Das lassen ihn die anderen Charaktere, wie beispielsweise sein Schwiegervater, auch deutlich spüren. Während er nach seinem Unfall Frau und Kind vermisst, lebt sein digitales Alter-Ego namens Adam mit seiner Familie ein glückliches und zufriedenes Leben. Doch nur auf den ersten Blick.


Der Mensch im Mittelpunkt

State of Mind
Menschen und Maschinen stehen im Mittelpunkt der dystopischen Handlung.

Da der Upload nur zu Teilen erfolgte, existieren plötzlich zwei Versionen des Protagonisten. Die Frage danach, welches Leben das reale und lohnenswertere ist, ist ein zentraler Bestandteil der Handlung von State of Mind, die wir hier allerdings aus Spoilergründen nicht weiter vertiefen wollen. Letztlich besinnt sich das Adventure auf drei Kernaspekte: Welches Leben ist das echte? Wie kann ich meine Erinnerungen wieder vervollständigen? Und wie konnte es zu diesem fatalen Unfall kommen?

Transhumanismus ist ein wichtiges Thema von State of Mind. Doch im Fokus der Handlung stehen nicht die fortschrittlichen Technologien, sondern die Menschen und ihre Schicksale. Nolan ist dabei nicht die einzige Spielfigur des Cyberpunk-Adventures. Insgesamt fünf Charaktere stehen zur Wahl, zwischen denen ihr teils frei, teils situationsabhängig wechseln könnt. Darunter auch ein Roboter, der als Alltagsbegleiter für Menschen konzipiert war und nun beginnt, ein eigenes Bewusstsein zu entwickelnDetroit Become Human lässt grüßen!

5 Charaktere sorgen für abwechslung, Entscheidungen erhöhen den Wiederspielwert!

Während ganz klar die Geschichte im Fokus steht, erhöhen zahlreiche Entscheidungen den Wiederspielwert enorm, wirklich weitreichende Konsequenzen dürft ihr jedoch nicht erwarten. Knappe 15 Stunden dauert ein Spieldurchgang. Welches Ende euch erwartet hängt damit zusammen, welche Entscheidungen ihr auf dem Weg zum packenden Finale getroffen habt. 


State of Mind Gameplay

State of Mind
Ein folgenschwerer Unfall sollte das Leben des Protagonisten für immer verändern.

State of Mind präsentiert sich aus spielerischer Sicht als modernes Adventure. Fummelige Inventarverwaltung und Point-and-Click-Elemente sucht ihr vergebens. Stattdessen manövriert ihr die Spielfigur durch die detailverliebt gestalteten Umgebungen und könnt mit bestimmten Elementen oder Personen interagieren. Da ihr das Spiel aus der Third-Person-Ansicht erlebt, ergibt sich im Vergleich zu den vorangegangenen Daedalic-Spielen jedoch ein komplett anderes Spielgefühl. Eben fast schon wie ein Action-Adventure, nur eben ohne die Action.

In den ersten Spielstunden macht euch State of Mind behutsam mit seinen Charakteren und Spielmechaniken vertraut, Rätsel sucht ihr im Spiel vergebens. Ein wichtiges Spielelemente stellt die Kommunikation via Holo-Smartphone dar, über das ihr Kontakt mit euren Freunden oder Kollegen aufnehmt. Diese erweisen sich für Nolan auf seiner Suche nach Frau und Kind allerdings meist als nicht sonderlich nützlich. 

Leider gibt es aus spielerischer Sicht ein Problem. Repetitives Missionsdesign und nur wenige Umgebungen sorgen stellenweise für gähnende Langeweile. So gut die Story auch geschrieben ist: Durch die sich zu oft wiederholenden Aufgaben muss man sich mitunter zwingen, weiterzuspielen.

Immergleiche missionen machen das Weiterspielen stellenweise zu einem Krampf.

Von der Wohnung geht es auf den Vorplatz. Vielleicht mal zur Arbeit, beziehungsweise Klinik und wieder zurück. Viel mehr zu entdecken gibt es leider nicht. Fast die gesamte Handlung – mal abgesehen von den Erinnerungen – spielt sich an den wenigen, dafür aber detailverliebten Umgebungen ab.


Mach es nochmal, Nolan!

State of Mind
Eine Abschnitte ergeben leider nicht viel Sinn, da sie nicht ausreichend erklärt werden.

Sobald Richard und Adam von einander Wind bekommen, besteht eure Aufgabe fast ausschließlich daran, mit der Cyberspace-Variante Erinnerungsfragmente zu suchen, diese an Richard zu schicken, damit er sie dechiffriert, um sie an Adam zurückzuschicken. Die Idee mag zwar ziemlich cool sein, doch spätestens nach dem dritten Mal nervt das Ganze.  Zumal der Ablauf immer derselbe ist und ihr zum Finden der Fragmente immer wieder dieselben drei bis vier Umgebungen besucht. Hier wäre mehr Abwechslung wünschenswert gewesen.

Immerhin dürft ihr selbst in die Erinnerungen eintauchen und erfahrt so mehr über die Charaktere und ihre Schicksale. Es ist spannend zu sehen, wie sich die Handlung langsam entfaltet und welche Entscheidungen dazu führten, dass sich alles so entwickelt hat, wie es nun ist.

Beißt ihr euch durch, belohnt euch das Spiel mit einer interessanten Story.

Hinzu kommt, dass die Handlung mancher Sequenzen unlogisch ist oder nicht ausreichend erklärt wird. Warum nehmen zum Beispiel bewaffnete Polizeiroboter mit brutaler Gewalt eine Bar hoch? Und was hat der Job von Richards Frau mit dem Ganzen zu tun? Natürlich versuchen die Entwickler hier, die Hintergründe zu beleuchten, doch das gelingt leider nur bedingt, da man sich zu sehr mit unwichtigen Nebensächlichkeiten aufhält, ohne diese näher zu erklären.

Doch trotz seiner Schwächen werdet ihr State of Mind weiterspielen, da ihr herausfinden wollt, wir die verschiedenen Handlungsstränge letztlich zusammenhängen. Gerade wenn ihr denkt „nicht schon wieder eine ellenlange Erinnerung“, präsentiert euch das Adventure einen spannenden Twist, der die vorangegangenen Geschehnisse in einem neuen Licht erstrahlen lässt. 


Düstere Stimmung trifft auf Polygon-Look

State of Mind
State of Mind kann atmosphärisch durchaus überzeugen.

State of Mind liefert eine düstere Zukunftsvision, ganz wie es sich für das Cyberpunk-Genre gehört. Das Berlin oder New York der 2040er Jahre sieht nicht sonderlich einladend aus. Die Nacht regiert, während die Menschen nur ein Schatten ihrer selbst sind. Das virtuelle City 5 ist das komplette Gegenteil davon und wird von hellen Farben und einer wohligen Atmosphäre beherrscht, zumindest auf den ersten Blick.

Die dichte Atmosphäre kann das Spiel in den Gesprächen leider nicht halten.

Dabei präsentieren die Entwickler trotz futuristischer Ideen eine durchaus realistische Zukunft – Inklusive Essen aus dem 3D-Drucker und Smartphones, die die Hologramme eures Gegenübers darstellen. Die Welt von State of Mind wirkt in sich stimmig und enorm atmosphärisch.  Schade nur, dass diese dichte Atmosphäre in den Dialogen nicht gehalten werden kann. Zwar überzeugt das Adventure größtenteils mit gelungenen Sprechern, doch manche Gespräche wirken emotionslos und kalt. Manchmal seid ihr euch nicht sicher, ob dies nun wirklich dem Setting geschuldet ist. Adams Standardantwort „Okay“ klingt jedenfalls in jeder Situation gleich.

Wer den Charme vorangegangener Daedalic-Spiele erwartet, wird ebenfalls enttäuscht sein. Liebevolle Charaktere wie eine Edna, den nie lachenden Clown Sadwick oder die Raupe Spot sucht ihr hier jedenfalls vergebens

Auch grafisch ist State of Mind ein zweischneidiges Schwert. Während die Unreal Engine durchaus schicke Grafikeffekte und detailreiche Umgebungen auf den Bildschirm zaubert, ist der Polygon-Look der Charaktere äußerst gewöhnungsbedürftig. Zumal die Mimik der Figuren nicht immer zur jeweiligen Situation passt. 


Fazit:

State of Mind ist für mich eine Enttäuschung. Versteht mich nicht falsch: Ein schlechtes Spiel ist das Cyberpunk-Abenteuer keinesfalls, doch vielleicht war meine Erwartungshaltung einfach eine andere. Wer ein klassisches Daedalic-Spiel erwartet, dem wird es ähnlich ergehen wie mir. Man hat das Gefühl, das Spiel weiß selbst nicht so recht, was es nun eigentlich sein will.

Die Perspektive deutet auf ein Action-Adventure hin, doch Action gibt es keine. Und auch für ein klassisches Adventure fehlen dem Titel wichtige Spielelemente wie klassische Rätsel. Trotz repetitivem Missionsdesign und einiger Logiklücken ist die Handlung die größte Stärke des Spiels, die State of Mind im Laufe der knapp 15 Stunden durch gekonnte Wendungen gelungen weiterspinnt. Doch abseits des Ganzen bietet das Spiel kaum nennenswerte Spielelemente. 

Cyberpunk- und Story-Fans kommen mit der düsteren und durchaus realistischen Zukunftsvision voll auf ihre Kosten, müssen dabei aber das rudimentäre Gameplay in Kauf nehmen. Schade, State of Mind hätte mit klugen Rätseln und abwechslungsreichen Aufgaben viel mehr sein können.


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