Blowfish Studios schicken mit Siegecraft Commander ein Strategiespiel für die Nintendo Switch ins Rennen, welches Echtzeit- und Rundenstrategie in einem abdecken will. Wir haben uns die Switch-Umsetzung des bereits Anfang 2017 auf Xbox und Playstation erschienenen Strategiespiels angesehen und verraten euch, ob Siegecraft Commander einen Kauf wert ist, oder ob ihr mit dieser Strategie direkt in einen Hinterhalt lauft.
Erfrischend neues Gameplay
Wer zwar Strategiespiele spielt, Siegecraft Commander bislang aber nicht kannte, der wird hoher Wahrscheinlichkeit erst mal in eine neue Welt geworfen. Das Gameplay funktioniert hier grundlegend anders, als in anderen Strategiespielen. Zwar seid ihr mit Basisbau und Einheitenproduktion beschäftigt, die Einheiten handeln allerdings zu großen Teilen alleine und die Basis benötigt ungewöhnlich viel Aufmerksamkeit.
So könnt ihr zwar bis zu 15 Infanterieeinheiten produzieren, die suchen sich ihr Ziel dann aber selbst. Mit erhobenem Schwert stürmen sie bei Reichweite auf Gegner zu und kloppen diese im mittelalterlichen Setting nieder. Neue Einheiten, wie Flugeinheiten, schaltet ihr übrigens im späteren Spielverlauf auch noch frei. Diese werden einfach direkt von der Werkstatt aus in einer geraden, nicht mehr änderbaren Flugbahn zum Gegner geschickt und bewegen sich fortan ebenfalls erst mal alleine. Lediglich Bombenabwürfe darf oder muss der Spieler hier immerhin noch selbst vollführen.
Die Basis – In Siegecraft Commander wichtiger als je zuvor
Die Basis hingegen ist ein vergleichsweise aufmerksamkeitsbedürftiges Objekt. Hier muss der größte Teil der Spieleraufmerksamkeit sein. Denn anders als in anderen Spielen hat die Basis nicht nur die üblichen Verteidigungseinrichtungen, die Angreifer abwehren. Sie besitzt auch Geschützte und Schleudern, die es manuell zu betätigen gilt. Dies kann den Unterschied zwischen vollem Erfolg und voller Katastrophe auf dem Schlachtfeld ausmachen. Und schon der Basisbau ist nicht ohne. So feuert ihr zukünftige Basis-Elemente mit einem Katapult zum Ziel, welches sich direkt bei der Landung durch eine Mauer mit der Basis verbindet.
Der Clou an der Sache ist: Wird ein Basisgebäude aus der Mitte der so entstehenden Kette zerstört, dann wird das lose Ende der Kette dadurch komplett mit zerstört. Für Angreifer eine große Chance Basen schnell einzuebnen. Für Verteidiger ein großes Risiko, welches bei der Verteidigungsplanung bedacht werden will. Dieser Umstand sorgt für eine gewisse Tiefe im Spiel, die auf diese Art beim sonst recht simpel wirkenden Siegecraft Commander keiner beim ersten Blick erwarten würde.
Für zusätzliche taktische Tiefe sorgen zwei Ressourcen, welche eingesammelt werden können. Gold und Kristalle. Die sammelt ihr indem ihr eure Außenposten im entsprechenden Bereich platziert. Durch den Abbau der Rohstoffe schaltet ihr zusätzliche Herstellungsmöglichkeiten frei. Fluggeräte erfordern beispielsweise Gold. Wollt ihr die Fluggeräte des Gegners los werden, dann beendet doch wenn möglich seine Berufung als Goldschürfer.
Echtzeitstrategie und Rundenstrategie in einem
Die Kampagne ist grundsätzlich in Echtzeitstrategie gehalten. Hier gibt es zwei Kampagnen, jeweils aus acht Missionen bestehend. Die überfordern nicht und es kann in gemächlichem Tempo geübt werden worauf es ankommt. Die 15 Einheiten starke Truppe wuselt gemütlich in den Tod und respawnt im Ausbildungshaus um erneut in den Tod zu wuseln. Die ersten Missionen schafft man so zur Not praktisch noch durchs reine Zusehen. Jedenfalls dann, wenn die Fußtruppen nicht mal wieder in einer KI-Gedächtnisslücke hängen und einfach auf der Stelle stehen bleiben. Da hilft im schlimmsten Fall dann nichts als tödliches Friendly Fire vom eigenen Außenposten aus. In der Hoffnung es mögen fähigere Nachfolger spawnen.
Die 15 Einheiten starke Truppe wuselt gemütlich in den Tod und respawnt im Ausbildungshaus um erneut in den Tod zu wuseln.
Ans Steuer, Commander!
Beim ganzen Geschieße und Steuern kommt jeweils ein Kreismenü an den Gebäuden und eine angedeutete Armbrust beim Bestimmen der Schußrichtung zum Einsatz. Dies klingt kompliziert und gewöhnungsbedürftig. Tatsächlich ist die Steuerung allerdings gar nicht so schlimm, wie man von einem ursprünglich für den PC mit Maus entwickelten Spiel erwarten könnte. Das Prinzip der Schleuder ist zwar etwas gewöhnungsbedürftig, die Kreismenüs aber für ein Gamepad absolut praktikabel. Was im vergleichsweise ruhigen Singleplayer noch sehr gut geht, wird im Multiplayer allerdings schnell hektisch. Alternativ lässt sich im Handheld Modus der Touchscreen nutzen. Dies geht aber nur unwesentlich leichter von der Hand.
Sehr unterschiedlich – Die Spielmodi in Siegecraft Commander
Die Kampagne baut auf reine Echtzeitstrategie. Und das ist gut so. Denn hier wäre Rundenstrategie absolut fehl am Platz. Im Multiplayer habt ihr die Wahl ob ihr rundenbasierte Strategie wollt, oder beim klassischen Echtzeit Game bleibt. Die beiden Varianten spielen sich dabei so grundlegend unterschiedlich, dass ihr zwei gefühlt verschiedene Spiele vorfindet.
Kann man in Echtzeit beispielsweise die gegnerische Verteidigung noch durch ein Überangebot an Fluggeräten überfordern, so geht dies rundenbasiert nicht mehr. Denn es kann ohnehin nur eines pro Runde feuern. Und ist der Gegner auf Zack weiß er euch vom Feuern eventuell sogar abzuhalten. Denn es ist grundsätzlich nur eine Aktivität pro Zug möglich. Egal ob ihr bauen, schießen oder Einheiten losschicken wollt. Dabei wird es mit der Steuerung recht schnell und oft unübersichtlich. Dadurch schafft man ein ums andere Mal keinen sinnvollen Zug in der vorgegebenen Zeit. Der rundenbasierte Part wirkt hier sehr aufgesetzt und man merkt, dass dieses Spiel für Echtzeit geschaffen wurde.
So sieht Siegecraft Commander aus – Die Grafik
Etwas Wuselfaktor können die 15 Einheiten verbreiten. Doch so schön wie Die Siedler und Co sieht Siegecraft Commander bei weitem nicht aus. Eher wie ein hübscher Mobile Port. Die Bauten und Krieger wurden sichtlich mit Liebe geschaffen, aber eben mehr auf Handyspiel-Niveau, als auf Konsolen-Niveau. Was manche Charaktere in einem mittelalterlichen Spiel suchen fragt man sich auch. Es hätte sicherlich eine passendere zweite Partei gegeben als Eidechsen.
Schmerzlich vermisst habe ich im Test mindestens eine gefühlte Zoom-Stufe und damit auch den Überblick über ein weiteres Feld der Karte. Vermutlich ist dies der insgesamt geringeren Auflösung geschuldet. Die Zoomstufe hätte man, sollte es tatsächlich an der Leistung hapern, ruhig einbauen können, statt alle Leichen der Schlacht das Gesamte Spiel über auf dem Feld liegen zu lassen. Wobei dies bereits wieder etwas Detailreichtum ist, den ich so nicht erwartet hätte. Sprengkörper können die dahingeschiedenen Kämpfer sogar noch bewegen.
Schade ist die Erzählung der Geschichte. Die geschieht praktisch in Bildern untermalt durch eine Sprechstimme. Die einfache Darstellung eines Buches muss uns hier genügen. Schön ist dies nicht. Auch nicht schön ist, wie schwer es fällt manche Stellen am Schlachtfeld zielgenau anzuvisieren. Doch da hilft meist ein Kameraschwenk. Denn immerhin lässt sich das Geschehen nahtlos drehen und wenden wie man es möchte.
Der Sound – Die Klänge des Schlachtfeldes
Ebenso nicht schön ist die Vertonung. Der reine Spielsound bewegt sich auf einem Niveau, welches absolut in Ordnung ist. Bei der Sprachausgabe, welcher Kollege Dennis neulich noch im Test zu Super Dungeon Tactics nachtrauerte, wird schnell klar, weshalb keine Sprachausgabe teils besser ist. Die vermutlich oft gewollte Komik dahinter ist klar übertrieben und binnen weniger Sätze nervt das Gesprochene nur noch. Außerdem wurden vereinzelte Sätze beim Sprechen scheinbar einfach vergessen. Die Sprachausgabe ist, wie übrigens auch die Texte zur Story, nur in Englisch.
Multiplayer – Ein riesen Pluspunkt
Wann habt ihr zuletzt Echtzeitstrategie auf einem Gerät zu zweit gespielt? Ich nehme an dies ist länger her. Tatsächlich geht dies in Siegecraft Commander ohne Probleme. Egal ob Echtzeitstrategie oder Rundenstrategie: Ihr habt die Wahl zwischen lokalem Netzwerk, Online Spiel und dem Spiel auf nur einer Konsole. Hier leistet das vermeintlich kleine Spiel großes.
Im Multiplayer leistet das vermeintlich kleine Spiel großes
Fazit
Insgesamt, gemessen am Preis, ist Siegecraft Commander eine Überlegung wert. Jedenfalls für Genre-Freunde. Aber auch Einsteiger werden hiermit gut klarkommen. Die recht leichte Kampagne führt gut an das Spielprinzip heran.
Getrübt wird die Freude über das insgesamt positiv überraschende Spiel lediglich durch die schreckliche Vertonung der Charaktere und durch kleinere KI-Stolperer und eigentlich zu vernachlässigende Gameplay Problemchen, die gut anderthalb Jahre nach Release auf anderen Systemen eigentlich nicht nur behoben sein sollten, sondern müssten. Dementsprechend gehe ich hier auch nicht von einer künftigen Besserung aus.
Ein Fest dürfte es für Couch-Battle-Strategen werden. Denn hier ist Siegecraft Commander sicherlich nahezu alternativlos. Erst recht auf der Switch.