Fast ein Jahr ist es her, dass mit Railway Empire ein geistiger Nachfolger zu Railroad Tycoon die Konsolen erreichte. Seither wurden einige Probleme behoben, die das Spiel zum Start hatte und es wurde massig Content in Form von DLCs nachgelegt. Grund genug einen etwas späteren Test des Gesamtpakets zu liefern. Denn selbst wenn dieser etwas verspätet erscheinen mag, wie für die Bahn im Allgemeinen ja üblich, so hat der Titel den späten Bick verdient. Weshalb lest ihr im Folgenden.
Der Aufstieg der Eisenbahn
Railway Empire behandelt den Aufstieg und die Hochzeit der amerikanischen Eisenbahn. Von den ersten einfachen Lokomotiven, über die Verbindung der US-Küsten mit der transatlantischen Eisenbahn bis hin zu Kanada und Südamerika in den DLCs, auf die wir später nochmals eingehen werden.
Eure Aufgabe ist es ein florierendes Unternehmen zu schaffen und ein funktionierendes Eisenbahnnetz aufzubauen, welches die Bedürfnisse der Bevölkerung abdeckt. Dabei gilt es Waren zu verfrachten, Reisende zu befördern und Post zuzustellen. Im Verlaufe des Spiels schreitet ihr in der Entwicklung voran und erforscht immer modernere Techniken und Züge. Damit erhöht sich die Kapazität eures Netzes. Sei es durch pures Frachtvolumen oder ganz einfach durch schneller fahrende Züge.
Das Wirtschaftssystem – Railway Empire bleibt zugänglich
Das Wirtschaftssystem, welches Städte und Einrichtungen auf der Karte verbindet, ist hierbei einfach gehalten. Ort A) produziert Kleidung. Also müsst ihr diesen mit Ort B) verbinden, der Baumwolle herstellt und mit Ort C), der Kleidung abnimmt. Auf dem Rückweg nehmen eure Züge dann vielleicht Passagiere oder Post auf, können aber auch eine andere Route befahren, um zum Beispiel die Holzerzeugnisse aus Ort C) weiter zuliefern.
Die Industrien selbst könnt ihr teilweise auch aufkaufen. Deren Wert wird beispielsweise dann steigen, wenn ihr sie an eure Eisenbahn anschließt.
Diese Einfachheit macht das Spiel zugänglich für jeden, bedeutet allerdings nicht dasselbe wie Anspruchslosigkeit.
Das Streckennetz – Das Herzstück eures Unternehmens
Den Anspruch für Tüftler zieht Railway Empire nämlich vor allem auch aus dem komplexen Streckennetz, welches ihr bewirtschaften müsst. Habt ihr nicht das vereinfachte Netz in den Optionen gewählt, bei dem entgegenkommende Züge einfach durcheinander hindurch fahren können, dann ist es recht anspruchsvoll die Strecken so zu gestalten, dass entgegenkommende Züge sich ausweichen können, wartende Züge keinen Stau verursachen und dennoch genügend Lokomotiven Platz finden, um den steigenden Ansprüchen zu genügen. Hierzu ist ein mit der Zeit recht komplexes Netz aus Ausweichstrecken und Signalen notwendig. Außerdem will an den Bahnhöfen für Wartung und unterwegs für Versorgung der Züge gesorgt sein. Bleibt einer stehen, bedeutet dies von einer Verzögerung im Betriebsablauf, wie die Bahn sagen würde, bis hin zum kompletten Kollaps eures Systems, nichts Gutes.
Das kleine Plus an Funktionsumfang
Der Bau der Strecken geht gut von der Hand, man sollte der Auto-Route allerdings niemals vertrauen. Manuelles Justieren spart in aller Regel Geld und sorgt für bessere Betriebsabläufe. Etwa dann, wenn steile Steigungen vermieden werden.
Auch der Aktienmarkt, über den ihr eine feindliche Übernahme eurer Konkurrenten anzetteln könnt, euch eurerseits allerdings kaum derselben erwehren könnt, ist ein kleines Plus. Ebenso der Skillbaum, also die Forschungen, sind eher ein kleines Plus als ein Must-have. Dieses Plus bringt erfolgreichen Spielern noch größere Erfolge, kann von Anfängern allerdings zum Teil ungestraft vernachlässigt werden. Hier ist für jeden etwas dabei.
Die Modi von Railway Empire – Nur eine Kampagne oder ein glänzendes Tutorial?
Dies gilt auch für die Modi. Es gibt für jeden Geschmack etwas. Ein Modellbau-Modus lässt euch einfach die Freuden genießen, eine Eisenbahn ohne Druck zu erbauen und zu betreiben. Schön ist hier vor allem die Mitfahr-Kamera für Freunde des Modellbaus. In anderen Modi kommt dieser eher nicht zur Geltung, da schlicht oft die Zeit fehlt diese Spielerei auszuleben.
Noch immer frei aber mit ernsthaftem Hintergrund ist das freie Spiel, welches jeder Tycoon so dringend braucht. Hier stehen die Regionen des Hauptspiels, ganz Nordamerika, oder mit den DLCs auch Kanada, Mexiko und Rest-Südamerika zur Verfügung. Wirtschaftet gut und werdet das größte, beste und letztendlich einzige Eisenbahn-Unternehmen.
Noch ernsthafter geht es in Szenarien zu. Diese bedürfen keiner großen Erläuterung. Ihr werdet in ein fertiges Szenario geworfen, beispielsweise den boomenden Viehmarkt, der nach Transportmöglichkeiten sucht, und müsst dort bestehen.
Wohl eine Erläuterung hat die Kampagne verdient. Diese ist mit lediglich ein paar Missionen nicht sehr umfangreich. Abgesehen von ein wenig Eisenbahn-Historie wird auch keine Story geboten. Dafür viele Erklärungen. Im Grunde sind eher die Szenarien eine Kampagne, wenngleich auch ohne Story, und die Kampagne ist ein sehr ausführliches, wie auch gelungenes Tutorial Plus. Sieht man die Sache so, ist das Gesamtpaket durchaus gelungen.
Das gibt es doch nicht – Die DLCs als Kaufgrund
Kostet das Hauptspiel digital 59,99 € und liefert hierfür das Railway Empire Grundpaket mit über 40 Lokomotiven, 30 Wagons, 12 Szenarien und den fünf eher nüchternen Abschnitten der Kampagne, so ist es die DLC-Politik, die dieses Spiel letztendlich wirklich lohnenswert macht.
Drei Erweiterungen zu je 7,99 € beliefern den Spieler mit einer alternativen Nachtansicht, jeweils Mexiko, Kanada oder Südamerika als neuer Region für Modellbau und freies Spiel. Hinzukommen noch insgesamt 5 neuen Szenarien, sowie einige neue Züge und Güter.
In der Kombination ergibt sich zum Gesamtpreis von etwa 80 Euro ein nahezu endloser Wiederspielwert. Dieser war zwar auch im reinen Hauptspiel schon gegeben, die DLC-Politik empfinden wir in der Preisleistung allerdings als dermaßen gelungen, dass das Gesamtpaket hier nochmals aufgewertet wird. Einziger Mangel ist der noch immer fehlende Multiplayer. Diesen hinzu gemixt und das Spiel wäre vermutlich der König der Tycoon-Spiele auf Konsolen geworden.
Technik und mehr – Ist Railway Empire im Fahrplan oder ein ICE ohne Klima und WC
Die akustische Untermalung ist passend gewählt. Das Klischee der Eisenbahn im Wilden Westen, möchte man beinahe sagen. Lediglich Effekte scheinen teils etwas rätselhaft einzusetzen, wenn die Züge über den Bildschirm schnauben und rattern. Insgesamt fällt dies jedoch kaum auf, wenn man die Tester-Ohren einmal stecken und sich einfach treiben lässt.
Auch grafisch weiß Railway Empire mit seiner frei drehbaren Kamera zu gefallen. Simpel, übersichtlich und dennoch meist sehr ansehnlich. Lediglich bei der 3D Darstellung in der Ego Perspektive wäre durchaus Luft nach oben geblieben. Das Wichtigste aber, die Züge, sind bis ins kleinste Detail ihren Vorbildern nachempfunden.
Die Steuerung insgesamt ist gut auf Controller abgestimmt und wieder ein Beweis dafür, dass auch klassische Maus-Spiele gut auf der Xbox funktionieren können, auf welcher wir getestet hatten.
Die Schwächen aus der Release-Zeit, zu denen auch Abstürze gehörten, wurden offenbar gänzlich behoben. Wer das Spiel also bereits besitzt, der sollte es mal wieder öffnen, wenn es in der Vergangenheit Probleme gegeben hat.
Fazit
Railway Empire ist zwar, dies weiß man, mit Schwächen gestartet, wurde dann aber konsequent verbessert. Mehr noch. Eine mehr als gelungene und faire DLC-Politik machen das Spiel zum Muss für Simulations- und Eisenbahnliebhaber.
Die Optik ist toll und der Sound stimmig. Was uns gefehlt hat, ist allerdings ein Multiplayer-Modus. Auf die Nacht-Ansicht hätten wir hierfür auch gerne verzichtet. Damit hätte man dem Wiederspielwert noch die Krone aufgesetzt. Nahezu endlos ist er jedoch auch so.
Anfänger werden ebenso abgeholt, wie auch fortgeschrittene Spieler, die ihr Streckennetz und ihre Züge bis ins kleinste Detail perfektionieren wollen. Lediglich Hardcore-Simulanten geht das etwas einfache Wirtschaftssystem vermutlich nicht tief genug ins Detail.