Mit My Time At Portia von Pathea und Team17 ein etwas anderes „Farmingspiel“ zu uns auf die heimischen Konsolen geschafft. Anders, wie es zum Beispiel bei Harvest Moon oder Stardew Valley der Fall ist, geht es bei My Time At Portia nämlich nicht darum, den Bauernhof seines alten Onkels zu übernehmen, sondern ihr müsst die Werkstatt eures Vaters zu neuem Glanz verhelfen. Das heißt, dass ihr viel eher damit beschäftigt seid verschiedene Werkzeuge oder andere Hilfsmittel herzustellen. Außerdem erwartet euch eine für das Genre ungewöhnliche Handlung mit verschiedenen Dungeons, wo die Macher offensichtlich versucht haben, einen Spagat zwischen Lebenssimulation und Rollenspiel zu schaffen. Inwieweit ihnen das gelungen ist, was es mit der besagten Story auf sich hat und womit ihr sonst noch so bei My Time At Portia rechnen müsst, klären wir in unserem nachstehenden Test!
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Mehr InformationenMy Time At Portia – Papa wäre stolz!
Wie in der Einleitung bereits schon erwähnt, übernehmt ihr in My Time At Portia keinen Bauernhof, sondern kümmert euch um die alte Werkstatt eures Vaters. Das Spiel beginnt damit, dass ihr euch in einem überschaubaren Editor eine Spielfigur, wahlweise männlich oder weiblich, zusammenbastelt. Seid ihr damit fertig und habt einen Namen vergeben, werdet ihr direkt von Presley, dem Bevollmächtigten der Handelsgilde von Portia, in Empfang genommen. Dieser verteilt euch die ersten Aufgaben, welche sich auch zugleich wie eine Art Tutorial spielen. So müsst ihr beispielsweises erstmal verschiedenes Werkzeug, wie Axt oder Spitzhacke herstellen oder kümmert euch um die Restaurierung der Werkstatt.
Bis zum Abschluss dieser Aufträge wirkt My Time At Portia, zumindest was das Annehmen unterschiedlicher Quests anbelangt, noch recht limitiert. Habt ihr das Tutorial aber abgeschlossen, erhaltet ihr von Presley endlich die langersehnte Handwerker-Lizenz und könnt fortan in der Handelsgilde am schwarzen Brett neue Aufträge annehmen. Einige verlangen von euch, dass ihr ihnen beim Bau einer Brücke helft, bei anderen wiederum sollt ihr verschiedene Gegenstände und Werkzeug ausliefern.
Zur Herstellung besagter Items stehen euch Werkbank und Montagestation zur Verfügung. An der Werkbank könnt ihr kleinere Sachen wie Werkzeuge oder Stühle herstellen, wollt ihr hingegen eine Holzschneidemaschine haben, die euer gefälltes Holz in akkurate Holzplanken verwandelt, müsst ihr diese mithilfe von verschiedener Rohstoffe an der Montagestation zusammenbasteln. Dabei hilft euch das alte und durchaus liebevoll gestaltete Buch eures Vaters, welcher sein Wissen in diesem niedergekritzelt hat. Im späteren Spielverlauf, wenn ihr die Werkstatt entsprechend ausgebaut habt, ist dann übrigens auch die Viehzucht oder das Anpflanzen von Getreide und Konsorten möglich.
Familienplanung und Hochzeit auch in My Time At Portia möglich
Doch euch stehen neben den besagten Aufträgen noch weitere Aktivitäten zur Verfügung. Dürstet es euch zum Beispiel eher danach soziale Kontakte zu knüpfen, könnt ihr mit den Bewohnern von Portia interagieren. Das reicht vom netten Plausch, über eine spannende Runde Schere-Stein-Papier, bis hin zum Überreichen eines Geschenks oder dem Austragen eines Trainingskampfes. Habt ihr außerdem genügend Zuneigung zu eurer Herzdame oder -buben aufgebaut, könnt ihr sogar heiraten und eine Familie gründen. Jeder Partner kommt dabei mit seinen eigenen Boni daher. Einige geben euch beispielsweise täglich ein Geschenk, andere hingegen verbessern eure Statuswerte oder helfen euch anderweitig bei der Pflege der Werkstatt. Die Zuneigung steigt durch das Abarbeiten von Aufträgen und dem genannten Interagieren mit den einzelnen Bewohnern an.
Ohnehin gibt es in Portia auch außerhalb der Haupthandlung mehr als genug zu tun. Ihr solltet euch aber stets vor Augen halten, dass jede eurer Tätigkeiten eure Ausdauerleiste belastet. Diese könnt ihr täglich im Gasthaus mit einer warmen Mahlzeit einmal auffüllen. Auch verschiedene Läden oder Minen warten nur darauf von euch erkundet zu werden. Bei letzteren gibt es zudem sogenannte Datendisks, welche ihr im Forschungszentrum von Portia auslesen lassen könnt. Das hat zur Folge, dass ihr möglicherweise neben weiteren Hintergrundinformationen über die Stadt und die Welt auch noch neue Blaupausen freischaltet.
Willkommen in der kunterbunten Postapokalypse!
Doch…wo steckt jetzt eigentlich der Clou in der Handlung? Zugegeben, bis hierhin liest sich das wie eine typische kunterbunte Lebenssimulation, wie man es beispielsweise schon von Harvest Moon, Story of Seasons oder Stardew Valley kennt. Seid ihr aber erst einmal ein paar Spielstunden unterwegs, habt die Welt ein wenig erkundet und konntet die ein oder andere Information in Erfahrung bringen, wird das eigentlich tragische Schicksal um die postapokalyptischen Welt von Portia doch recht schnell klar. Verantwortlich für das ungewöhnliche Setting ist ein umstrittener Krieg zwei politischer Fraktionen, welche über den Umgang von früherer Technik streiten. Im Laufe der Handlung können wir entscheiden, ob wir die Kirche oder die Wissenschaftler unterstützen wollen.
Und was wäre eine Postapokalypse ohne fiese Gegner? Genau ab diesem Punkt greifen Rollenspielelemente in das Spielgeschehen mit ein. Nicht nur, dass euer Charakter über einen üppigen Talentbaum verfügt und durch seine Handlungen an Erfahrungspunkten gewinnt, auch warten Dungeons mit abstrusen Feinden auf euch. Dementsprechend kämpft ihr unter anderem gegen putzige bunte Lamas oder nehmt es mit einem gefährlichen Rattenkönig auf. Das Kampfsystem ist dabei sehr schlicht gehalten und beschränkt sich auf die Möglichkeit die Feinde mit Schlägen und Tritten zu beharken oder anstürmenden Angriffen dank einer Hechtrolle auszuweichen. Natürlich gibt es auch einige Waffen die ihr herstellen und verwenden könnt.
Obgleich die Kämpfe grundsätzlich funktionieren, fühlt sich das Trefferfeedback dennoch komisch an. Das fällt schon in den ersten paar Trainingskämpfen gegen die Einwohner von Portia auf. Nicht immer wirkt es so, dass ein Schlag von euch wirklich trifft und im Gegenzug kassiert ihr, trotz einer erfolgreichen Ausweichrolle, ein ums andere Mal ein blaues Auge.
Technisch eher mittelmäßig
Sowieso findet sich der Titel was die Technik anbelangt eher im Mittelmaß wieder. Der Grafikstil ist knuffig und farbenfroh, weswegen vor allem jüngere Spieler begeistert zum Bildschirm schauen dürften. Nichtsdestotrotz lassen sich aber lange Ladezeiten, gerade auf der Nintendo Switch, sowie matschige Texturen und Einbrüche in der Bildrate nicht von der Hand weisen.
Entgegen dessen begleitet der Soundtrack das Spielgeschehen allerdings stimmig, wodurch man zumindest in diesem Belangen My Time At Portia kaum einen Strick drehen kann. Anders sieht es mit der Vertonung der Dialoge aus, welche schlichtweg einfach nicht wirklich vorhanden ist.
Fazit:
Zugegeben: Ich persönlich gehöre jetzt nicht zu den Spielern, welche mit diesem Genre unbedingt etwas anfangen können. Dennoch muss ich sagen, dass ich mit My Time At Portia durchaus ein paar spaßige Spielstunden hatte. Gründe dafür waren der charmante Grafikstil, die interessante Story und die zahlreichen Interaktionen, wie auch Baumöglichkeiten die das Spiel bietet. Oftmals habe ich mich selber dabei ertappt, wie ich mir selber eingeredet habe: „Okay, das bau ich jetzt aber noch! Und dann könnte ich ja eigentlich auch noch die Quest machen. Ach ja, nach Portia muss ich auch noch, um meiner virtuellen Herzdame ein Geschenk zu machen und wenn ich sowieso schon einmal da bin, kann ich gleich noch Presley den Zinken in einem Boxkampf richten.“ Das Resultat daraus: Zahlreiche Spielstunden, welche sich nicht nach „Stunden“ anfühlten.
Demgegenüber hat My Time At Portia aber natürlich auch seine Schwächen. Zum einen ist das Trefferfeedback im Kampf wirklich grenzwertig, zum anderen nerven die langen Ladezeiten, die nicht vertonten Dialoge und die Bildratenprobleme. Leider fühlen sich die Kämpfe vom Schwierigkeitsgrad etwas zu leicht an und hätten ruhig etwas knackiger ausfallen können.
Eine Kaufempfehlung können wir demnach für alle unter euch aussprechen, die auf der Suche nach einer niedlichen und gelungenen Lebenssimulation sind. My Time At Portia gehört da nämlich definitiv zu den besseren Genrevertretern der letzten Jahre und entpuppte sich in unserem Test als ein „Spiel für die ganze Familie“. Wer seinen Fokus hingegen auf ernsthafte Rollenspiele legt, der wird wahrscheinlich aufgrund des seichten und nicht immer ganz so gut funktionierendem Kampfsystems eher anderweitig fündig.