Mit Lost at Sea hat der Berliner Entwickler Studio Fizbin mit Headup Games ein neues Spiel auf unsere Konsolen gebracht. Bekannt ist der Entwickler unter anderem für The Inner World, welches als bestes deutsches Spiel 2014 und bestes Familienspiel 2013 ausgezeichnet wurde. Hier kann man also durchaus von Expertise sprechen.
Der neueste Streich der Berliner, Lost at Sea, ist auf eurem PC, Playstation 4 und 5, sowie Xbox One und Series Konsolen spielbar. Für diesen Test haben wir uns die Xbox Series X Version zur Brust genommen.
Worum geht es in Lost at Sea?
Ihr verkörpert im Spiel Anna. Anna ist eine scheinbar ältere Dame, was sich aber lediglich aus der Geschichte ablesen lässt. Grundsätzlich bleibt euch das Aussehen eures Charakters lange größtenteils verborgen. Als scheinbar Schiffbrüchige, oder sonst irgendwie Gestrandete, kommt ihr mit Anna in einem kleinen Intro am Strand einer merkwürdig anmutenden Insel an. Ausgerüstet seid ihr lediglich mit einem Kompass, dessen genaue Funktionsweise ihr im Spiel noch ergründen werdet. Schnell erkennt ihr, dass diese Insel anders ist. Anders als Inseln im realen Leben, aber auch anders als Inseln, die ihr vielleicht in anderen Spielen bereits besucht habt.
Hier hängen Busse in Bäumen und ein merkwürdiges schwarzes Etwas wird euch bald verfolgen. Genauer wollen wir aus Spoilergründen eigentlich gar nicht auf das eingehen, was euch da sonst noch erwartet. Nur so viel sei gesagt: Es gibt vier Biome, von denen jedes einen Lebensabschnitt verkörpert. Und verfolgt werdet ihr von euren Ängsten. Diese Informationen gibt die offizielle Spielbeschreibung in den Stores leider selbst schon preis.
So spielt sich Lost at Sea
Weiterhin verspricht erwähnte Beschreibung „speziell angefertigte Minispiele und Rätsel“. Mit denen schaltet ihr im Spielverlauf Erinnerungen frei, was quasi das Ziel des Spiels ist, um weiter zu kommen. Widersprechen können wir hier kaum. Bei den gebotenen Minispielen und Rätseln handelt es sich in der Tat um solche, die speziell zum gerade aktuellen Thema passen. In den meisten Fällen transportieren diese einen Subtext, der perfekt zum gerade aktuellen Thema der Erzählung passt. So wird der offensiv erzählte Part durch die Interaktionen ergänzt. Eine Mechanik, die nur dazu beiträgt, dass die teils tieftraurige, geradezu deprimierende Geschichte euch noch etwas mehr verschluckt. An dieser Stelle ist eine Triggerwarnung eigentlich angebracht: Wer gerade mit schweren Themen wie Verlust oder Krankheit im echten Leben zu kämpfen hat, der sollte von Lost at Sea als Ablenkung besser Abstand halten.
Schwere Story, leichtes Gameplay
So schwer die Story auf eurem Gemüt liegen wird und so gut diese auch erzählt sein mag: Das Gameplay ist das genaue Gegenteil von schwer. Jegliche Minispiele und Rätsel haben wir als sehr leicht, geradezu zu leicht, empfunden. Das Gameplay wurde hier der Erzählung klar untergeordnet. Im Gamedesign macht dies sogar Sinn. Kaum hätte die Story uns so sehr eingefangen und emotional bedrückt, hätten wir uns unterwegs über zu viele unlösbare Rätsel und schwierige Minispiele aufgeregt. Was anderen Titeln eher zum Nachteil gereicht, ist hier im Kontext durchaus positiv zu bewerten.
Wären Videospiele Fernsehsendungen: Dieses hier würde definitiv auf Arte laufen und nicht bei RTL.
So will Lost at Sea euch nicht die Gelegenheit geben zu beweisen, dass ihr der beste Gamer vor dem Herrn seid. Das Spiel will euch in eine zutiefst emotionale Geschichte einsaugen und berühren. Wären Videospiele Fernsehsendungen: Dieses hier würde definitiv eher auf Arte laufen und nicht bei RTL. Entsprechend gering ist auch der Umfang. Nach etwa zweieinhalb bis drei Stunden ist Lost at Sea für die meisten Spieler wohl geschafft. Das bietet den Vorteil, dass man es problemlos auch in einer Session schafft und nie aus der Stimmung gerissen wird, sofern man dies nicht möchte. Für einen Preis von 14,99€ in diesem Kontext auch gerade noch im Rahmen, wie wir finden.
Optisch und technisch nicht für jeden ein Genuss
Optisch rühmt sich Lost at Sea in der offiziellen Beschreibung „wunderschön“ zu sein. Dies liegt wohl im Auge des Betrachters. Tatsächlich können wir dem Spiel einen Artstyle attestieren, der immerhin ungewöhnlich ist. Fast wie gezeichnet wirkt die Insel, mit ihren Biomen. Zunächst empfanden wir dies eher als gewöhnungsbedürftig. In Verbindung mit der Erzählung und den Gameplay-Mechaniken war der Stil dann aber durchaus passend und zum Ende hin empfanden wir ihn als schön. Einmal mehr ist es hier aber die Gesamtkomposition, welche die Wirkung macht. Den Grafikstil für sich genommen als schön zu beschreiben empfinden wir schon als recht gewagt.
Weniger zu diskutieren gibt es hier bei der Technik. Die Steuerung fühlt sich nicht besonders gut an. Etwas hakelig und ungenau. An bestimmten Stellen erzählt das Spiel außerdem einen Teil der Geschichte über eingeblendete Artworks. Diese verschwinden scheinbar weder von alleine, noch genau dann, wenn man eine einzelne Taste drückt. Unsere Lösung bis zum Ende des Durchlaufs bestand darin, wild alle vier Controller Tasten zu bashen, bis diese Bildschirme verschwanden. Eine andere Lösung haben wir nicht gefunden, egal was wir versuchten. Ob Fehler oder Designentscheidung: Ein Hinweis, was zu tun ist, wäre hier offensichtlich nötig gewesen.
Offensichtliche Bugs gab es zum Testzeitpunkt auch. Betraten wir die Insel auf der Xbox das erste Mal etwas unachtsam und bewegten uns voller Erkundungsdrang neben unserem Schlauchboot ins Wasser, so schloss sich das Spiel. An diversen Stellen hatten wir das Gefühl mitten auf einer Wiese mit nur minimaler Steigung gegen eine unsichtbare Wand zu laufen. Und auch bei vermutlich eher nicht zum Klettern gedachten Terrain war es ein Glücksfall ob man über einen Stein abkürzen kann, oder eher nicht.
All diese Kleinigkeiten kann man heute zwar als typische Release Krankheiten abtun und sicher sind sie relativ einfach via Update behebbar. Hier sind sie aber umso ärgerlicher, da sie uns in Summe öfter aus der so gefühlsintensiven Erzählung rissen, als unbedingt nötig gewesen wäre.
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