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Control im Test

Wenn die Finnen von Remedy Entertainment ein neues Spiel raushauen, sind zwei Dinge nahezu sicher: Spannende Action und eine fesselnde Story. Mit Control veröffentlichen die Max Payne– und Quantum Break-Macher ihr neuestes Werk, das die altbekannten Stärken mit frischen Ideen kombiniert und sich deutlich weniger linear spielt, als wir es bisher von den Skandinaviern gewohnt waren. Wie viel Spaß der übernatürliche Agenten-Thriller macht, klärt unser Test.

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Control: Willkommen im Wahnsinn

In Control schlüpfen wir in die Haut von Protagonistin Jesse Faden, die auf der Suche nach Antworten einem geheimen Regierungsbüro einen Besuch abstattet. Das Federal Bureau of Control (kurz: FBC) erinnert stark an das FBI. Mit dem Unterschied, dass die Behörde im Verborgenen an übernatürlichen Phänomenen und mysteriösen Objekten der Macht arbeitet. So ein Bisschen wie in der TV-Serie Fringe.

Jesse nahm die lange Reise auf sich, um den Leiter der Behörde zu konfrontieren. Immerhin hat das FBC aus unbekannten Gründen vor 17 Jahren ihren Bruder Dylan entführt, nachdem die Geschwister ein paranormales Ereignis namens Altered World Event (kurz: AWE) miterlebt haben. Global auftretende Veränderungen der Welt, deren Aufklärung in den Zuständigkeitsbereich der Behörde fällt.

Doch irgendwas ist hier seltsam. In der Eingangshalle der FBC-Zentrale befindet sich keine Menschenseele. Alles wirkt wie leergefegt. Also lassen wir den Metalldetektor hinter uns und machen uns auf die Suche nach dem Büro des Direktors. Lediglich ein Hausmeister verrichtet in den Gängen seine Arbeit. Nach einem kurzen Plausch mit dem freundlichen, aber ziemlich merkwürdigen Zeitgenossen machen wir uns auf den Weg zur Geschäftsleitung.

Dort angelangt hören wir einen Schuss und bemerken, dass Direktor Trench sich kurzerhand selbst eine Kugel in den Kopf gejagt hat. Neben der Blutlache liegt seine Dienstwaffe, von der eine geradezu magische Energie ausgeht, immerhin flüstert der Schießprügel zu uns. Als wir die Waffe aufheben, wird sie auf mysteriöse Art und Weise an uns gebunden. Schnell finden wir heraus, dass es sich um ein Objekt der Macht handelt, das uns mal eben zur neuen Leiterin der Behörde befördert.

Die Waffe können wir in Control auch dringend gebrauchen, denn bereits beim Verlassen des Raumes stellen wir fest, dass eine seltsame übernatürliche Macht namens „Das Zischen“ von den Agenten Besitz ergriffen hat und uns ans Leder will.

Control erzählt die Geschichte von Jesse Faden, die aus mysteriösen Gründen zur neuen Leiterin des Federal Bureau of Control wird
Control erzählt eine spannende Geschichte

Control – Spannende Handlung mit Schwächen

Tatsächlich steht die Story von Control den vorangegangenen Remedy-Titeln in nichts nach. Schnell bemerken wir, dass weder unsere Anwesenheit in New York City, noch die Geschehnisse in der Zentrale Zufall sind.

Über die genauen Details zur Handlung von Control wollen wir aus Spoilergründen nicht allzu viel verraten. Bereits in den ersten Spielstunden beginnen wir zu verstehen, dass das FBC mit dem übernatürlichen „Board“ zusammengearbeitet hat. Eine Macht, die die Behörde in der Astralebene mit besonderen Fähigkeiten und Waffen ausstattet. 

Die komplexe Handlung von Control präsentiert sich äußerst spannend und wartet mit etlichen Plot-Twists auf, die das Action-Adventure irgendwo zwischen Max Payne, Quantum Break und den Filmen von Mystery-Kultregisseur David Lynch positionieren. Natürlich stammt die Handlung abermals aus der Feder von Sam Lake, der mit dem Skript wieder einmal ganze Arbeit geleistet hat. In den rund 15-20 Spielstunden überzeugt das Spiel mit einer wendungsreichen Geschichte, die uns wie ein gutes Buch fesselt und nicht mehr loslässt.

Teile der Handlung und Zusammenhänge müssen wir uns allerdings oftmals selbst zusammenreimen. Dies gelingt uns durch das Finden und Studieren von Dokumenten, Audio-Logs und Videos. Das ist ärgerlich und schadet zudem dem Spielfluss. Wenn wir die komplexen Geschehnisse wirklich verstehen wollen, müssen wir immer wieder den Gang in das Menü antreten und zwischen langweiligen Verabredungen zum Abendessen die wirklich spannenden Notizen herausfiltern.

Außerdem treiben Zwischensequenzen mit anderen Überlebenden die Handlung voran, in denen Control erstmals Federn lässt. Die deutsche Synchronisation ist bestenfalls Durchschnitt und von Lippensynchronität sind die Dialoge meilenweit entfernt. Auch die Mimik präsentiert sich viel zu starr. Das sorgt für einen starken Knacks in der ansonsten stimmigen Atmosphäre. Glücklicherweise steht auch die deutlich bessere englische Sprachausgabe samt deutscher Untertitel zur Wahl – wer kann sollte also unbedingt zum O-Ton wechseln.

Das Älteste Haus ist eine spannende Umgebung
Hinter jedem Element in Control steckt mehr als es auf den ersten Blick scheint

Metroidvania trifft Third-Person-Shooter

Eine spannende Handlung voller Mysterien ist also schon einmal gegeben. Doch wie steht es aus spielerischer Sicht um Control? Prinzipiell bekommen wir es mit einem klassischen Third-Person-Shooter zu tun, der stimmige und intensive Feuergefechte auf den Bildschirm zaubert, wie wir sie von Remedy kennen und lieben. Doch der neueste Titel der Finnen wartet auch mit ein paar gelungenen frischen Ideen auf.

Da wäre zunächst einmal der Ort der Handlung selbst. Die FBC-Zentral hört auf den Namen „Das Älteste Haus“. Von außen ein riesiger Beton-Wolkenkratzer, doch bereits nach wenigen Schritten wird uns klar, dass wir uns hier nicht in einem normalen Hochhaus befinden. Immerhin ist das Gebäude in der Lage, seine Größe, Form und Umgebung konstant zu verändern. Einige Bereiche sind anfällig für diese Veränderungen, in anderen hingegen treten sie eher selten auf.

Das sorgt dafür, dass die Spielwelt von Control – obwohl sie lediglich in einem einzigen Gebäude stattfindet – nie wirklich langweilig wird. Gut, die meiste Zeit sind wir in immer gleichen, grau-braunen Großraumbüros unterwegs, doch diese aufkeimende Monotonie macht der Titel durch plötzliche Veränderungen, Farbwechsel und Ausflüge in die Astralebene locker wieder wett. Ein Bisschen mehr Varianz wäre in den oftmals gleichen Versatzstücken der Architektur allerdings schön gewesen.

Auch die von einem Alien-Virus befallenen Agenten sorgen für Abwechslung und dafür, dass uns ein ums andere Mal das Herz in die Hose rutscht. Oft betreten wir einen neuen Bereich des Gebäudes, während die ehemaligen Mitarbeiter wie Marionetten von der Decke hängen. Gehüllt in rote Farbe, umgeben von einem merkwürdigen Flimmern. Ob und wenn ja welche potentiellen Gegner uns attackieren werden, wissen wir nicht.

Die Agenten des FBC wurden in Control für mysteriösen Flüstern befallen
Die Atmosphäre hat es absolut in sich. Irgendwo zwischen Mystery, Agenten-Thriller und Horror

Die Kämpfe in Control

Die meisten Standardfeinde stellen uns in Control dabei nur selten vor Probleme. Anfangs bekommen wir es mit normalen Hiss-Schergen zu tun, relativ schnell gesellen sich auch gepanzerte oder mit einem Schild ausgestattete Feinde hinzu. Dank recht bescheidener KI schalten wir diese auch recht schnell auf. Control setzt vielmehr auf Masse statt Klasse und lässt uns oftmals gegen eine Übermacht an Gegnern antreten.

Einen anpassbaren Schwierigkeitsgrad gibt es nicht. Lediglich die meist optionalen und in vertrackten Nebenmissionen verankerten Bosskämpfe stellen uns tatsächlich vor eine Herausforderung. Gerade in den ersten Spielstunden spielen sich die Feuergefechte zwar ordentlich, lassen aber den Remedy-typischen Wumms vermissen. Doch glücklicherweise ändert sich das im Verlauf der Handlung relativ schnell.

Die Gründe dafür liegen in der Dienstwaffe, aber auch in den übernatürlichen Fähigkeiten, die wir uns im Verlauf der Handlung aneignen. Tatsächlich wartet das Action-Adventure lediglich mit einer einzigen Waffe auf, die sich – wie die Spielwelt selbst – verändern lässt. Diese Simplizität im Spieldesign war den Entwicklern wichtig und entpuppt sich tatsächlich als gelungene Idee.

Jesse Faden greift auf verschiedene übernatürliche Fähigkeiten zurück
Darth Vader lässt grüßen

Eine Waffe der vielen Möglichkeiten

Anfangs erinnert unsere Waffe an eine klassische Pistole die wir zudem mit Upgrades verbessern, die wir im Gebäude finden. So erhöhen wir beispielsweise den Schaden oder verringern die Nachladezeit. Stichwort nachladen. Da es sich nicht um eine normale Waffe handelt, wird die Knarre auch nicht mit blauen Bohnen gefüttert, sondern regeneriert ihre Munition mit der Zeit von alleine.

Der Clou liegt allerdings darin, dass wir unsere Waffe verändern können. Insgesamt fünf Optionen stehen uns zur Wahl. So wird aus der Pistole kurzerhand eine wuchtige Schrotflinte,  ein Granatwerfer oder ein Scharfschützengewehr. Per Knopfdruck wechseln wir zwischen zwei dieser Optionen hin und her, andere aktivieren wir über das Menü des Spiels. Dass einige Gegner anfällig auf Beschuss einer bestimmten Waffenvariante reagieren, versteht sich von selbst. Vor allem im späteren Spielverlauf wird der regelmäßige und schnelle Wechsel zwischen den Waffen unabdingbar. Unverständlich also, warum die Entwickler kein Waffenrad eingebaut haben, um schnell zwischen den fünf Varianten zu wählen. Der Umweg in das Menü sorgt für eine weitere unnötige Unterbrechung im Spielfluss.

Doch das ist Meckern auf hohem Niveau. Sobald wir den zweiten Waffentyp freigeschaltet haben, nimmt die eingangs öde Action ordentlich Fahrt auf und sorgt für abwechslungsreiche und wuchtige Feuergefechte. Ist das Magazin einmal leer, stehen wir nicht mit leeren Händen vor den Feinden, hier kommen Jesses übernatürliche Fähigkeiten ins Spiel.

Auch hier stehen uns in Control zahlreiche Ausführungen zur Wahl. Manche davon sind zum Abschluss des Spiels unabdingbar und an die Hauptmission geknüpft, andere wiederum finden wir lediglich in den rein optionalen Nebenaufgaben, die uns in die verrücktesten und abwechslungsreichsten Umgebungen des Spiels führen.

In den Kämpfen entfesselt Control ein einzigartiges Effektfeuerwerk
In den Kämpfen entfesselt Control ein unglaubliches Effektfeuerwerk

Schweben, ballern, übernehmen

Anfangs verfügen wir in Control lediglich über einen Psi-Schub, der stark an den Macht-Stoß aus dem Star Wars-Universum erinnert. Relativ schnell erhalten wir dann allerdings die Möglichkeit, selbst schwere Objekte mit übermenschlicher Kraft anzuheben und auf unsere Feinde zu schleudern. Später gesellen sich sogar die Fähigkeit zur Levitation, dem Übernehmen von Feinden oder ein Schutzschild aus Teilen der Umgebung hinzu.

Die abwechslungsreichen Fähigkeiten sorgen und Kombination mit der sich verändernden Dienstwaffe für einzigartige und spektakuläre Feuergefechte, die Remedys hauseigene Northlight-Engine noch dazu äußerst schick in Szene setzt. Scheiben zerbersten, Akten fliegen durch die Gegend und Teile der Szenerie werden kurzerhand als Wurfobjekte umfunktioniert. In Kombination mit den schicken Lichteffekten sorgt das Effektgewitter für einige äußerst beeindruckende Szenen.

Da wir nicht nur die Waffe und Fähigkeiten, sondern auch Jesse selbst mit Upgrades ausstatten dürfen, weckt das den Sammel- und Erkundungstrieb in uns. Ein Novum für Remedy, das sich auch in der Spielstruktur von Control wiederspiegelt.

Modifikationen für Fähigkeiten, Waffen und Charakter erhöhen den Sammeltrieb


Metroidvania im großen Stil

Immerhin bekommen wir es diesmal nicht mit kleineren, in sich abgeschlossenen Leveln zu tun. Das Älteste Haus ist ein riesiger, zusammenhängender Komplex der in bester Metroidvania-Manier miteinander verbunden ist. Gespeichert wird an Kontrollpunkten, die zunächst einmal gesäubert werden müssen, um uns fortan als Schnellreisepunkt zu dienen.

Zudem finden wir auf unserem Weg ins Innere des Gebäudes immer wieder Schlüsselkarten in verschiedenen Stufen. Diese ermöglichen uns Zugang zu Gebieten, die wir zuvor nicht betreten konnten. Das lädt zum Erkunden ein und sorgt zudem dafür, dass wir gerne in frühere Spielabschnitte zurückkehren. Manchmal sind das komplett neue Gebiete mit spannenden Nebenaufgaben und manchmal einfach nur Abkürzungen, die unsere Laufwege minimieren.

Gerade diese rein optionalen Nebenmissionen heben sich stark von der Hauptmission von Control ab. Sowohl optisch wie spielerisch. Hier haben die Entwickler experimentiert und nicht nur einige der härtesten Bossgegner, sondern auch die spannendsten Rätsel des Spiels versteckt.

Da ist es ein wenig schade, dass der Titel diese gelungenen Experimente größtenteils vermissen lässt, wenn man strikt dem Hauptpfad folgt. Denn hier setzt Control, abseits der Kämpfe, zu sehr auf Altbewährtes. Das ist jedoch keinesfalls negativ zu verstehen.

Control überzeugt mit einer surrealen Atmosphäre
Surreale Farbgebungen und Abschnitte unterstreichen die düstere Atmosphäre

Fazit:

AwardIch bin bereits seit dem ersten Max Payne großer Fan der Spiele aus dem Hause Remedy. Egal ob Alan Wake oder Quantum Break: Bei den Werken der Finnen kann man sich immer sicher sein, gut unterhalten zu werden. Das ist auch in Control nicht anders. Immerhin überzeugt das Action-Adventure mit einer packenden und mysteriösen Story, die sich wie ein guter Thriller nur langsam entfaltet, ständig neue Fragen aufwirft und in einem gelungenen Finale gipfelt.

Löblich finde ich zudem, dass die Entwickler endlich neue Wege gehen. Sei es in den Kämpfen, die Control mit allerlei übernatürlichen Fähigkeiten mischt. Oder in der Spielwelt, die nicht mehr in sich abgeschlossen, sondern dank Metroidvania-Ansatz miteinander verbunden ist. Zahlreiche versteckte Details belohnen mich dafür, auch abseits des Hauptpfades Nachforschungen anzustellen.

Auf der anderen Seite verschenkt der Titel in einigen Bereichen eine Menge Potential. Warum muss ein Großteil der Handlung anhand von öden Briefen, Zetteln oder Audiobotschaften erzählt werden? Auch die schwache KI und wenig fordernden Rätsel hätten noch ein wenig mehr Feinschliff vertragen können. Ganz zu schweigen von der misslungenen deutschen Sprachausgabe samt starrer Mimik.

Wirkliche Ausrufezeichen setzt Control vor allem in den optionalen Gebieten – optisch wie spielerisch. Trotz der genannten Fehler und Problemchen ist Control aber ein fesselnder Third-Person-Shooter geworden, der nicht nur Genrefans hervorragend unterhält.  


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